Tiefengeothermie und industrielle Abwärme als Standortvorteil

Investition von bis zu 150 Millionen Euro für den Bau von Wärmenetzen im Landkreis Goslar notwendig. ERA und WiReGo veranstalteten eine Infoveranstaltung.

Rund 30 Teilnehmer aus Wirtschaft, Kommunen und Forschung kamen am 30. Januar auf Einladung der Wirtschaftsförderung Region Goslar GmbH & Co. KG (WiReGo) und der Energie Ressourcen Agentur Goslar (ERA) im Forschungszentrum Energiespeichertechnologien zusammen. Thema war die Wärmewende und die Chancen, wie Geothermie und Abwärmenutzung zu bezahlbaren Heizkosten beitragen können.  

Auf der Suche nach einer stabilen, kostengünstigen und klimafreundlichen Wärmeversorgung ist die Erdwärme (Geothermie) ein Energieträger mit Potenzial. Als Best-Practice-Beispiel wurde in diesem Zusammenhang die Gemeinde Pullach bei München vorgestellt, die sich bereits seit 2002 begonnen hat, die Wärmeversorgung der Kommune durch Erdwärme zu realisieren. Sie will mit ihren gut 9000 Einwohnern bis Ende des Jahrzehnts ihren Wärmebedarf zu 100 Prozent aus geothermischen Quellen decken, was zu einer stärkeren Unabhängigkeit von den Weltmarktpreisen und zur Versorgungssicherheit führt. „Schon jetzt liegt die Deckung bereits bei 50 Prozent und das Wärmenetz wird stetig ausgebaut“, so der Referent Dr. Baasch von der kommunalen Gesellschaft IEP Innovative Energie Pullach.  

Mit der Initiative Geothermie Nordharz treibt Dipl.- Ing. Uwe Bokemüller, der vor 20 Jahren aus Tiefbohringenieur am Projekt in Pullach beteiligt war, das Thema auch in unserer Region voran. Mit seinem Unternehmen Bohrkonzept Drilling & Service GmbH hat er die Erlaubnis zur Aufsuchung von Erdwärme im Nordharz bis 2025 erhalten. Mit einer Investition von rund 150 Millionen Euro für Tiefenbohrungen und dem Ausbau eines Wärmenetzes am Nordharz ließe sich nach seinen Aussagen die Versorgungssicherheit und bezahlbare Heizkosten für ähnliche große Quartiere zwischen Langelsheim, Goslar und Bad Harzburg realisieren lassen.

Gleichzeitig betonte Prof. Lars Kühl von der Ostfalia in seinem Vortrag das hohe Potenzial der Abwärme aus der hiesigen Industrie, die ebenfalls zur Einspeisung in die Wärmenetze genutzt werden kann. Nach seiner Auffassung könne bei einer intelligenten Kombination aus Abwärme, Tiefengeothermie und anderen Energieträgern für alle Beteiligten nur Vorteile entstehen.

Um dieses ehrgeizige Projekt voranzubringen, gilt es, Kräfte zu bündeln. Sowohl die Unternehmen als auch die Kommunen sowie einzelnen Bürgerinnen und Bürger würden von einer unabhängigen Wärmeversorgung profitieren. Für eine zu gründende Projektgesellschaft werden Partner und Investoren gesucht. Wichtig für die Realisierung sind kommunale und private Investitionen wie in Pullach, um die Ziele der bezahlbaren Heizenergie und der Klimaneutralität erreichen zu können.  

Der Stakeholder-Workshop von WiReGo und ERA war ein erster Auftakttermin, um potenzielle Partner über die neuesten Erkenntnisse zu informieren. Weitere Interessenten für eine Projektgesellschaft können sich bei der WiReGo melden.

Hintergrundinformation zur Erdwärme:

Die Herausforderungen, vor der unsere Gesellschaft durch die Energiewende steht, wird bislang meist mit dem Schwerpunkt auf regenerative Stromerzeugung diskutiert. Der richtige Ansatz, grünen Strom einzusetzen, wo er effizient anzuwenden ist, muss durch andere ebenso sinnvolle Wege im Hinblick auf die Wärmeenergie angegangen werden.  

So bietet die Nutzung von Erdwärme aus tiefen geologischen Gesteinsschichten hervorragende Möglichkeiten der CO2-Vermeidung bei geringen Eingriffen in die Landschaft. Bei geeigneten geologischen Voraussetzungen ist sie eine ideale und saubere Ergänzung der vielfältigen Instrumente wie Windkraftanlagen, Wärmepumpen, Solarthermie, Photovoltaik, Biomasse und Abwärmenutzung.  

In Wärmenetzen eingesetzt, kann sie einen wesentlichen Beitrag zur Lösung technischer oder gesetzlicher Problemstellungen, wie engen Bebauungen in altstädtischen, oft denkmalgeschützten Bereichen, leisten. Die Nutzung in Quartieren kann erhebliche wirtschaftliche Vorteile gegenüber der Einzelbeheizung von Gebäuden mit sich bringen und ist für die laufende kommunale Wärmeplanung wichtig.